Nachts um eins kamen wir endlich in Durham auf dem Campus an und es tat einfach gut, Cami in die Arme zu schließen! Als wir uns ihrer Dorm näherten, taumelten uns schon ein paar leicht angeduselte Personen entgegen. Und als wir das Gebäude betraten, taumelten wir erstmal zurück, weil uns der Geruch von Alkohol entgegenschlug. Eine Dormparty, gibts hier fast jedes Wochenende. Wir lernten Frances, Camis Roommate kennen, auch ein Sonnenscheinmensch, passend zum sonnig gelb gestrichenen Zimmer der beiden. Wir gingen gleich alle zusammen auf Erkundungstour, den Campus und natürlich die Party kennen zu lernen. In jeden Zimmer entlang dem Gang bekamen wir etwas anderes angeboten: Apple Pie Shot oder Wodka, der über eine Eisrutsche in deinen Mund fließt. (Wer lässt sich bitte für eine ganz gewöhnliche kleine Party einen 1x1 Meter großen Eisblock mit persönlicher Prägung liefern?!)
Die Tatsache, dass einfach überall Campus Police herum stand schien niemenden zu stören, obwohl über die Hälfte der Anwesenden 20, also Under Age sein musste. Cami klärte mich auf: Die Campus Police sorgt nur dafür, dass keiner verletzt oder belästigt wird... was den Alkoholkonsum anbelangt, sind die auf beiden Augen blind! Allerdings sieht das sobald man den Campus verlassen hat ganz anders aus. Wenn man dort in unserem Alter erwischt wird, gehts in den Knast! Wenn ich da an unsere Parties mit 14 und 15 denk... Is schon bissl anders hier drüben.
Weil die Jungs hungrig waren, lud Cami uns zum BBQ ein, was nachts um drei sicherlich das Gesündeste war (zumindest außer Mc das einzige, was noch offen hatte), dann trafen wir einen Freund aus Camis Fecht Team, der den Jungs für die Nacht eine Bleibe organisiert hatte. Dann schlafen. Dann aufstehen, erfahren, dass Cami eben nicht geschlafen hatte, sondern stattdessen an ihrer Hausarbeit geschrieben, und dann zum Brunch. Lecker. Und dann der Abschied für die kommenden Wochen.
Viel Zeit für Abschiedsschmerz wurde mir nicht zugestanden, weil ich zunächst weiter den Campus gezeigt bekam und ich mich dann schon mit Frances an die Kleiderauswahl für das Event am Abend machte. Da mein Rucksack und ich nicht für solche Ereignisse gewappnet sind, standen mir zwei Kleiderschränke mit unzähligen Kleidern zur Verfügung - besser als shopping, weil for free! Das Kleid, für das ich mich eigentlich entschieden hatte, sei nicht schick genug, wurde mir erklärt und schließlich landete ich in einem bodenlangen braunen Seidenkleid mit pastellfarbenen Blumen und Satindetails. Dazu braune Glitzer-Stilettos, denkbar höllisch unbequem, von einer Freundin. Und um meinen Look perfekt zumachen, farblich passend zu den rosa Blumen auf meinem Kleid eine rosa Jacke! JAA, Vera in rosa. Genießt es, das gibts nicht sehr oft! Gemeinsam mit den anderen Mädels von Camis Sorority (Studentinnen-Verbindung) und deren Dates im Anzug machten wir uns auf den Weg zum italienischen Restaurant. Schick natürlich, mit köstlichem Essen und guten Unterhaltungen.
Eine akkustische Erfahrung auf der Toilette ließ mich schon ahnen, wie der zweite Teil des Abends ablaufen würde. Zurück auf dem Campus trafen wir uns im Zimmer zweier Mädels, das vollkommen überfüllt war und bevor ich meinen ersten Schluck Alkohol getrunken hatte, bekam ich von einem jungen Herrn bereits ein Ständchen gesungen und die Unterwäsche einer jungen Dame zu sehen, die nicht mehr ganz klar artikulieren konnte und offensichtlich auch nicht mehr abschätzen, wie hoch ein Kleid rutschen darf... Wir hielten uns eher unauffälliger, plauderten und brachen dann zum Dance auf. Die Musik war die, die vor einem Jahr auf unseren Parties daheim lief (nicht nur!), wir tanzten, und hatten vielleicht den meisten Spaß beim Beobachten zweier vermutlichen enddreißiger Damen, die etwas beschwipst exzessiv tanzten und eine Risenshow veranstalteten :)
Aber wie das nun mal ist, wenn man eine Nacht durchgearbeitet hat, war die Cami doch relativ müde und irgendwann beschlossen wir, die Party mit einem Spaziergang zum Campus ausklingen zu lassen - barfuß! An diesem Abend lernte ich meine Wanderschuhe wieder zu schätzen. Der Marsch dauerte natürlich länger als gedacht, aber immerhin gibts auf dem zweitgrößten Campus der USA Campusbusse, die auch nachts um halb 3 noch fahren und einen ans andere Ende bringen.
Der nächste Morgen begann mit Brunch im Kunstmuseum und einer kleinen Wanderung, anschließend genossen wir in der großen gothischen Chapel of Duke University eine gesanglich und instrumental hervorragend dargebotene Interpretation von Händels Messiah. Kulturmust nicht verpasst! Den Montag verbrachten wir mit Geschenke basteln, reden und Dukes, wie Cami sagen würde "Campus, der gerne alt aussehen möchte" anschaun, bevor wir Frances vorm Schreibtisch wegrissen und zum Abschied noch ein mal schick essen gingen. Ich war die ganze Reise über nicht essen. Hier dagegen mehrfach täglich. Aber das liegt einfach daran, dass es auf den Dormrooms keine Möglichkeit zu kochen gibt und wenn man nicht das ganze Semester von Sandwiches und Müsli leben will, muss man eine der vielen Möglichkeiten wahrnehmen, auf dem Campus essen zu gehen.
Am Dienstag klingelte mein Wecker viel zu früh und durch die Dunkelheit bahnte ich mir meinen Weg zur kalten Dusche... einen Tee und ein Oatmeal später wars hell, und Cami und ich auf dem Weg zum Airport Raleigh/Durham, von wo aus ich nach einem schweren Abschied von der Cami über Phoenix und San Diego nach San Francisco flog. California, ich komme!
1 Kommentar:
Hi ihr Gefährten,
wünsche euch ein schönes Weihnachtsfest- traditionell mit gutem Essen und einfach ne tolle Gemeinschaft!
Grüße aus good old germany
eure Eva
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